Das Areal eines Nahversorgers an der Holsteiner Straße soll im Zuge der anzustrebenden Nachverdichtung neu geordnet werden. Anstelle eines eingeschossigen Supermarktes soll ein mehrgeschossiger multifunktionaler Neubau entstehen, der im Untergeschoss eine Tiefgarage, im Erdgeschoss eine Kindertagesstätte sowie den Nahversorger und in den darüer liegenden Geschossen Wohnnutzung aufnimmt.
Bewohnerschaft und Kindertagesstätte können recht zielgenau mit nach MobBauOG erforderlichen Maßnahmen adressiert werden, die Kundschaft des Nahversorgers setzt sich dagagen aus unterschiedlichen Teilgruppen zusammen:
- Da Lage in der Nähe des Autobahnzubringers führt zu einem hohen Anteil an Pendlern aus dem Umland, die auf ihrem Arbeitsweg Einkäufe tätigen. Diese werden auf absehbare Zeit kaum zu einem Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen sein.
- Die hohe Angebotsdichte im Umfeld führt auf der anderen Seite dazu, dass ein Teil der Kundschaft auch in fußläufiger Entfernung wohnt. Diese Teilgruppe ist für Maßnahmen eines vorhabenbezogenen Mobilitätsmanagements ansprechbar.
Beim Nahversorger wird es um einen Ersatzneubau für ein bereits bestehendes Gebäude gehen. Dies bedeutet, dass keine normativen Annahmen über das zukünftige Parkverhalten – wie über die im MobBauOG definierten Richtzahlen – getroffen werden müssen, sondern dass der heute existierende Supermarkt bereits den späteren Praxisfall darstellt und damit der Stellplatzbedarf real gemessen werden kann. Dabei zeigt sich, dass der rechnerisch ermittelte Stellplatzbedarf schon heute nicht benötigt wird.
Der Anstieg der Schülerzahlen erfordert den Ausbau schulischer Infrastruktur. In diesem Fall soll in Bremen-Oslebshausen der Ersatzneubau einer Sporthalle mit dem Bau weiterer Unterrichtsräume kombiniert werden. Außerhalb der Unterrichtszeiten soll die neue Dreifeld-Sporthalle dem Vereinssport zur Verfügung stehen.
Auf dieses Bauvorhaben ist das seit Oktober geltende Bremische Mobilitäts-Bau-Ortsgesetz anzuwenden, das den anteiligen Ersatz von ansonsten erforderlichen Pkw-Stellplätzen durch alternative Mobilitätsangebote vorsieht. D.h. es werden lageabhängig weniger Stellplätze realisiert, als bislang eigentlich erforderlich gewesen wären. Die dadurch eingesparten Kosten stehen dann für die Finanzierung anderer umweltfreundlicher Mobilitätsformen zur Verfügung.
Die Mischnutzung Schule/Sporthalle erfordert die Ausrichtung des Stellplatzangebots an der größten gleichzeitigen Auslastung. Für die Pkw-Stellplätze ist dies die Sporthallennutzung, für die Fahrradabstellplätze ist es die Oberschule.
Während die Schüler- und Lehrerschaft klar umrissen ist und kaum der Fluktuation unterliegt, ist die Zielgruppe der Sporttreibenden inhomogen und sehr volatil. Dies erschwert die zielgenaue Adressierung von Maßnahmen. Als am besten für die vorliegende Konstellation geeignet wird deshalb die qualitative Aufwertung der ohnehin zu errichtenden Fahrradabstellanlagen (z.B. mit Überdachung, Beleuchtung etc.) vorgeschlagen.
Das Tabakquartier in Bremen-Woltmershausen ist ein ca. 20 ha. großes Konversionsgebiet einer ehemaligen Tabakfabrik. Ende der 1960er war diese die größte Fabrikationsstätte für Tabakprodukte in Europa. Seit 2019 erfolgt die Umwandlung in ein lebendiges Quartier, in dem unterschiedliche Nutzungen Platz finden. So sind insgesamt 1.500 Wohnungen und ca. 100.000 m² Gewerbefläche vorgesehen. Damit ist das Tabakquartier eines der größten aktuellen Stadtentwicklungsprojekte in der Stadt Bremen. Die planungsrechtliche Neuordnung wird mit zwei Bebauungsplänen durchgeführt.
Aufgrund seiner innenstadtnahen und integrierten Lage ist das Tabakquartier dafür prädestiniert, nicht vollständig auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtet zu werden. Dies entspricht auch der Vorgabe des Masterplans, nach der der Anteil des MIV am Modal Split auf 25% zu senken sei. Die dafür erforderlichen konzeptionellen Annahmen und Berechnungen hat plan-werkStadt für beide Bebauungspläne durchgeführt.
Die Reduktion des Pkw-Verkehrs und damit auch der dafür erforderlichen Stellplätze geschieht durch den Einsatz von Push- und Pull-Faktoren: Es werden auf der einen Seite alternative Mobilitätsangebote entwickelt, die aus eingesparten Stellplatzablösen finanziert werden und die eine autolose bzw. autoarme Mobilität ermöglichen. Auf der anderen Seite hält ein knappes Stellplatzangebot ebenfalls von der Nutzung eines Pkw ab. Zusätzlich werden Zielgruppenbetrachtungen angestellt, die den geringeren Stellplatzbedarf von Nutzergruppen mit ohnehin schon autoarmem Verhalten besonders gewichten.
Indem ein direktes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Stellplatzausstattung und Pkw-Nutzung unterstellt wird, kann der gebietsbezogene Modal Split ermittelt werden. Bei Umsetzung der in beiden Mobilitätskonzepten gemachten Vorschläge ist das Ziel einer Reduktion des MIV-Anteils am Modal Split auf 25% durchaus erreichbar. Voraussetzung ist natürlich, dass die alternativen M obilitätslösungen attraktiv genug sind und keine Ausweichbewegungen in umliegende Quartiere stattfinden. Hierfür ist die Einrichtung einer Anwohnerparkzone erforderlich.
Hierfür wurden eine Reihe von Maßnahmenvorschlägen entwickelt, mit denen sich (städtische) Mobilität ohne privaten Pkw realisieren lässt, so z.B. Car- und Bikesharing, Parkraummanagement, vergünstigter und einfacher ÖPNV-Zugang, Informationsangebote. Der Investor übernimmt die dafür anfallenden Kosten und bietet seinen zukünftigen Mietern ein umfangreiches Gesamtpaket aus Wohnen und Mobilität.
plan-werkStadt (Projektleitung) untersuchte in dem Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Kooperation mit der PTV AG (Karlsruhe) im Hinblick auf Neue Mobilitätsformen das Zusammenspiel von gesellschaftlicher und technologischer Entwicklung im Mobilitätsverhalten, das Auftreten neuer Marktakteure und den Bau neuer Infrastruktur.
Die Ergebnisse wurden in einer Sonderpublikation des BBSR veröffentlicht. Neben den vielen Beispielen aus der Praxis werden dort Hinweise und Empfehlungen zur Förderung der neuen Mobilitätsformen und deren Integration in die Stadtgestalt gegeben.